Washington Post: Rückzug von Kandiaten nach AI-Anfrage des CEO

Zwei Spitzenkandidaten für die Chefredaktion ziehen ihre Bewerbung zurück und werfen einen kritischen Blick auf die AI-Strategie des Unternehmens.

Die ambitionierte Neuausrichtung der Washington Post auf Künstliche Intelligenz scheint auf Hindernisse zu stoßen. Nach Berichten von Axios haben sich zwei hochkarätige Kandidaten für die Position des Chefredakteurs der Zeitung zurückgezogen, nachdem CEO Will Lewis sie um Konzepte gebeten hatte, wie sie AI zur Leitung der Redaktion einsetzen würden. Lewis wurde von Eigentümer Jeff Bezos engagiert, um die traditionsreiche Zeitung zu «retten» und saß im zunehmend probelastigen heißen Stuhl, als er seine AI-Initiative startete.

Cliff Levy, ein mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneter Redakteur von der New York Times, und Anne Kornblut, die zuvor für Meta tätig war und als ehemalige WaPo-Redakteurin bekannt ist, hegen laut Insiderquellen Bedenken hinsichtlich von Lewis‘ unerwarteten Anforderungen. Levy zog seine Bewerbung zuletzt vergangene Woche zurück, während Kornblut bereits im September ihre Kandidatur eingestellt hatte.

Zusätzlich wurden einige andere Bewerber aufgefordert, ausführliche sechsseitige Memoranden über ihre Vision für die Washington Post zu verfassen – ein Stilmittel, das Bezos als entscheidend für den Recruiting-Prozess propagiert. Dabei sollten sie auch ihre Strategie zur Integration von AI sowie Lösungen zur Erschließung neuer Leserschaften umrissen.

Die Kündigungen dieser beiden renommierten Kandidaten fallen in eine Phase, in der die Washington Post sich ebenfalls von der langjährig geschätzten Managing Editor Matea Gold trennt, die als neue Washington-Korrespondentin zur New York Times wechselt. Gold, die die Pulitzer-preisgekrönte Untersuchung zum 6. Januar leitete, galt als Favoritin für die Chefredakteursposition. Doch Insider berichten, dass Lewis plant, sie zu übergehen, was unter den Mitarbeitern Besorgnis auslöst – nicht nur über Golds Weggang, sondern auch über die zukünftige Qualität und Unabhängigkeit der Berichterstattung.

In diesem Zusammenhang hat die Personalagentur Egon Zehnder auch frühere Chefredakteure der Washington Post, Kevin Merida und Steven Ginsberg, kontaktiert, um ihren Interessen für die vakante Position nachzugehen – jedoch ohne Erfolg. Die Unruhe unter den Mitarbeitern ist groß, und diese Rückzüge zeigen nur, wie groß der Frust über die derzeitige Führung und die Neuorientierung hin zu Künstlicher Intelligenz ist.

Die Leaks dieser sensiblen Informationen über die Rückzüge von Levy und Kornblut verdeutlichen die Spannungen innerhalb der Redaktion und lassen Fragen bezüglich der Zukunft der Washington Post offen. Werden die ambitionierten AI-Pläne in der Lage sein, einen journalistischen Standard aufrechtzuerhalten, der dem Erbe der Zeitung gerecht wird?

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